Effi Briest ordnet sich eindeutig in die vielen Gesellschaftsromane, die Theodor Fontane bereits veröffentlicht hat, ein. Allerdings ist in Effi Briest eine Besonderheit zu erkennen, die sich in anderen Werken nicht zwangsläufig ausprägt und das ist ein recht leichter Ton der Erzählung. Niemand wird beschuldigt, aber die gesellschaftliche Situation und die Konventionen der Gesellschaft werden kritisch beäugt und hinterfragt. Viele Elemente in der Erzählung drücken die Meinung Fontanes hinsichtlich der Gesellschaft aus. Zum Beispiel wird bei dem Duell zwischen Innstetten und Crampas unheimlich deutlich, dass dies eigentlich ein Ritual stellt, dass jeden Sinn verloren hat. Auch die viel zu frühe Heirat Effis im Alter von 17 Jahren ist im Grunde ein Element, das zwar in diese Zeit und in die Gesellschaft passt, aber dessen Problematik schon von Fontane erkannt und kritisiert wird. Mit all diesen Elementen, die der Autor in die Erzählung eingeflechtet hat, spiegelt er ein sehr komplexes Bild der damaligen Gesellschaft wieder und skizziert gleichzeitig die untergehende altpreußische Gesellschaft sehr detailliert. Das besondere Augenmerk liegt dabei auf dem Konflikt zwischen dem Individuum und der Gesellschaft, oder vielmehr zwischen Individuum und den Konventionen der Gesellschaft, die teilweise unerfüllbar erscheinen.
Daher kommt es wohl auch zu der Tatsache, dass der Erzähler in Fontanes Effi Briest lange nicht alles das befürwortet was die Personen im Einzelnen tun. So kommentiert er das Duell beispielsweise als sinnlos und illegal. Auch an vielen weiteren Stellen greift der Erzähler kommentierend in das Geschehen ein und bringt seine Meinung zur damaligen Gesellschaft und konkret zu den handelnden Personen somit auch zum Ausdruck. Möchte man „Effi Briest“ literaturwissenschaftlich einordnen, so ist die Zuordnung in die Liebes- und Verführungsromane wohl am treffendsten.
hi,
die frühe heirat war auch schon zu zeiten fontanes nicht mehr das übliche, deshalb bin ich mir nicht sicher ob fontane dies kritisiert.
auch beim duell wäre ich vorsichtig. dient es nicht vielmehr dazu, innstetten in ein schlechtes licht zu stellen? besonders der aspekt der verjährung scheint dies zu unterstützen. obwohl die affäre 6 jahre her ist und innstetten somit eine „ausrede“ hätte, den gesellschaftlichen konventionen nicht zu folgen, tut er es dennoch.
das duell an sich wird gar nicht so sehr kritisiert, besonders die an eine hinrichtung erinnernde szene wird ja einfach so stehengelassen.
du sagst, dass der erzähler an vielen stellen kommentierend eingreift und sich zu den personen und der gesellschaft äußert. das stimmt so nicht. die einzige stelle, wo der erzähler wirklich kommentiert ist „arme effi!“. dies sagt er an der stelle, als innstetten effi für 12 stunden allein lässt.
ansonsten hält sich der erzähler zurück und lässt die kritik indirekt durch seine erzähltechnik und darstellungsweise wirken.
so, das war mal so ein denkanstoß von mir…ansonsten: großes lob an die seite, ich lese hier schon seit einer stunde und habe schon viel stoff zum nachdenken!
Hallo Richard,
vielen Dank für deine ausführliche Ergänzung!